Ist es wirklich immer ökologischer, Waren aus Österreich zu kaufen?

Sind österreichisches Obst und Gemüse aus ökologischer Perspektive wirklich immer die beste Wahl? Oder ist das eher eine Propaganda der Agrarlobby?

Ganz stolz ist das Kind in der TV-Werbung, als die Mutti verkündet, dass der Käse ja ohnehin aus Österreich stammen würde. Weintrauben und anderes Obst hätten die Eltern nicht gekauft. Da waren im Supermarkt die österreichischen Produkte schon aus gewesen, erklären die mutmaßlichen Eltern dem Kind.

Jenseits der seltsamen Geschlechterrollen lohnt diese Behauptung allerdings eine nähere Betrachtung: Ist es wirklich immer so, dass Ware aus Österreich ökologisch die bessere Alternative ist?

Ein kotelettförmiges Land

Sehen wir uns die Fakten an und beginnen wir mit dem Offensichtlichen: Österreich ist ein kotelettförmiges Land. Die nächste Landesgrenze ist in Österreich so gut wie immer wesentlich näher ist als das andere Ende des Landes. Die Hauptstadt Wien und die westlichste Landeshauptstadt Bregenz etwa sind mit dem Auto ganze 596 Kilometer voneinander entfernt.

Hier zum Vergleich einige ausgewählte Städte, die näher an Wien liegen als Bregenz:

  • Bratislava, Slowakei: 80 Kilometer
  • Budapest, Ungarn: 243 Kilometer
  • Prag, Tschechien: 293 Kilometer
  • Zagreb, Kroatien: 376 Kilometer
  • Ljubljana, Slowenien: 384 Kilometer
  • München, Deutschland: 402 Kilometer
  • Krakau, Polen: 474 Kilometer
  • Triest, Italien: 477 Kilometer
  • Novi Sad, Serbien: 522 Kilometer
  • Leipzig, Deutschland: 547 Kilometer
  • Timișoara, Rumänien: 550 Kilometer
  • Banja Luka, Bosnien: 560 Kilometer
  • Úzhgorod, Ukraine: 572 Kilometer

Folgende Länder liegen Wien also kilometermäßig näher als die Landeshauptstadt von Vorarlberg: Die Slowakei, Ungarn, Tschechien, Kroatien, Slowenien, Deutschland, Polen, Italien, Serbien, Rumänien, Bosnien und die Ukraine. Das sind 12 Länder – eine ganze Menge.

Von Bregenz aus gesehen liegt dagegen nicht nur die gesamte Schweiz kilometermäßig näher als Wien. Auch Teile von Deutschland, Italien, Frankreich und sogar Belgien und Luxemburg sind näher als die Bundeshauptstadt. Logischerweise betreffen die hier genannten Entfernungen ausgewählte Städte und Regionen – dennoch geben sie einen Eindruck der realen geographischen Verhältnisse.

In Regionen denken

Auch die Distanz zwischen Bregenz und Wien, die hier als Beispiel dient, ist natürlich willkürlich. Vorarlberg spielt für die Versorgung der Bundeshauptstadt mit Lebensmitteln real eine untergeordnete Rolle. Weit wichtiger ist beispielsweise das tatsächlich an Wien angrenzende Marchfeld in Niederösterreich. Die genannten Distanzen sind dennoch ein  gutes Beispiel, dass Ländergrenzen eben nicht immer die entscheidende Größe sind.

Für die Steiermark beispielsweise wäre Slowenien weit näher als der Norden Oberösterreichs. Von Wien aus liegt die Slowakei viel näher als der Süden der Steiermark, für das Burgenland ist Ungarn der Nachbar und nicht Salzburg.

Wie uns die Klimakrise krank macht

Jetzt müssten wir uns für den Warentransport natürlich noch eine Reihe weiterer Aspekte ansehen. Etwa die jeweilige Straßenverbindungen – oder, weit besser: die Schienenverbindungen! -, Grenzwartezeiten und dann natürlich in weiterer Folge die Produktionsbedingungen.

Problem Gewächshaus

Wichtig wäre auch der Blick auf die gesamte CO2-Bilanz. Es kann etwa sein, dass Gemüse aus Südeuropa umweltfreundlicher ist, obwohl der Transportweg länger dauert. Ein Beispiel: Die Paradeiser, die in Österreich im Winter gegessen werden, stammen meist aus beheizten Gewächshäusern, die einen sehr hohen CO2-Ausstoß haben können.

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„Werden diese Gewächshäuser mit fossilen Brennstoffen beheizt, dann ist der CO2-Fußabdruck pro Kilogramm Tomate etwa doppelt so hoch wie der spanischer Tomaten, die 2.000 Kilometer aus dem südlichen Almeria nach Österreich transportiert werden“, erklärt Michaela Theurl gegenüber dem ORF. Sie forscht an der Wiener Universität für Bodenkultur zu diesem Thema.

Grenzen überwinden!

Die Wirklichkeit ist also wesentlich komplexer als die Werbung, wo das Kind sich über Produkte aus Österreich freut. Die Wirklichkeit kümmert sich auch nicht um Grenzen und Werbungen, die auf nationale Gefühle setzen.

Denn was wir jedenfalls sagen können: Die Behauptung, dass Ware aus Österreich immer und automatisch umweltfreundlicher wäre, ist in dieser Form einfach falsch – und weit eher als Propaganda der österreichischen Agrarlobby zu werten. Hier wie überall: Es lohnt, über die Grenzen zu blicken und sie zu überwinden.

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