Schuß ins Fenster

[jw] Unbekannter feuert auf Wohnung von »Offensive gegen Rechts«-Sprecherin in Wien

[Erstveröffentlichung: junge welt] Natascha Strobl traute ihren Augen kaum, als sie am vergangenen Montag ein Einschußloch in ihrem Küchenfenster bemerkte. Der Schuß, das ergaben die Untersuchungen, muß aus mindestens zwanzig Metern abgegeben worden sein, wahrscheinlich mit einem Luftdruckgewehr. Der Einschußwinkel ist gerade, eine gezielte Attacke also wahrscheinlich. Seit Beginn des Jahres ist Strobl als Sprecherin des Bündnisses »Offensive gegen Rechts« (OGR) in der Öffentlichkeit sehr präsent, hauptsächlich im Zusammenhang mit den Protesten gegen den »Akademikerball« der rechtsextremen Burschenschaften, der am 24. Januar stattfand. An dem internationalen Vernetzungstreffen der rechten Szene hatten in der Vergangenheit unter anderem Marine Le Pen vom französischen Front National, Filip Dewinter vom belgischen Vlaams Belang und Vertreter der deutschen »Pro-Bewegung« teilgenommen. Während in der Wiener Hofburg der Rechtswalzer getanzt wurde, beteiligten sich rund 8000 Demonstranten an antifaschistischen Blockaden.

Zu den Protesten aufgerufen hatte die OGR, ein Bündnis aus sozialdemokratischen Jugendstrukturen sowie marxistischen und trotzkistischen Organisationen. Als Sprecherin der OGR mußte Strobl in den vergangenen Wochen vieles über sich ergehen lassen: »Du widerwärtige rote Scheiß-Figur«, tönte ein Rechter per Facebook-Nachricht. »Ersticke«, ergänzte ein anderer. Via Twitter wurde sie von führenden FPÖ-Funktionären beschimpft. Die »Identitären« versuchten, eine Veranstaltung mit Strobl zu stören.

Nun haben die Drohungen mit dem Schußattentat eine neue Qualität erreicht. Strobl informierte die Polizei, doch die zuerst eingetroffenen Beamten hätten die Sache in keiner Weise ernst genommen. Ein Polizist meinte gar, daß jemand, der ihr drohen wolle, eher einen Pferdekopf in Strobls Bett gelegt hätte. Am nächsten Tag stand dann der Verfassungsschutz vor der Tür. Dessen Beamte sahen zwar immerhin einen politischen Zusammenhang, erklärten allerdings, es würde nur ermittelt, wenn Strobl bereits konkrete Verdächtige nennen könne. Am folgenden Tag hieß es dann, der Vorfall würde »sehr ernst« genommen, die Polizei sähe aber keinen politischen Hintergrund. Wiederum einen Tag später stellte sich dann nochmals der Verfassungsschutz ein, um doch von einem politischen Hintergrund auszugehen.

Insgesamt steht dieses konfuse Vorgehen exemplarisch für den Umgang der Polizei mit rechter Gewalt, die Devise scheint: verharmlosen, entpolitisieren, kleinreden. Strobl stellte den Angriff im Gespräch mit junge Welt in eine Reihe von Repressionsmaßnahmen und nannte dabei nicht nur die Rechtsextremen, sondern auch die Staatsgewalt und Medien wie die als linksliberal geltende Wiener Stadtzeitung Falter. Das Blatt hatte mit Schlagzeilen wie »Euren Haß könnt ihr behalten« Stimmung gegen die Demonstrationen gemacht.

Strobl betonte, daß die Attacke gegen sie kein Einzelfall sei. Bereits 2012 wurde der damals 69jährige ehemalige sozialdemokratische Bundesrat Albrecht Konecny im Zusammenhang mit Protesten gegen den »Akademikerball« brutal zusammengeschlagen. Seit den Protesten 2014 sitzt ein Jenaer Antifaschist in Wien in Untersuchungshaft. Mitte März wurde schließlich bekannt, daß die Polizei nach dem »Akademikerball« insgesamt gar gegen rund 500 Antifaschisten ermittelt. Strobl und die OGR planen allerdings bereits neue Aktionen, darunter eine Antifa-Konferenz Mitte Mai. »Ich lasse mich nicht einschüchtern. Jedes Zurückweichen wäre ein Raumgewinn – und das lassen wir nicht zu«, sagt sie.

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