Seattle verdient mehr

Bild: Seattle City Council, Lizenz: https://creativecommons.org/licenses/by/2.0/deed.en

[jw] Linke Basisbewegung erreicht in Nordwest-Metropole den US-weit höchsten Mindestlohn

[Erstveröffentlichung: junge welt] Der 2. Juni 2014 könnte die USA verändern. Auf Druck der linken »15-Now«-Kampagne werden die Mindestlöhne von Seattle, der größten Stadt im Nordwesten des Landes, auf 15 Dollar pro Stunde angehoben. Das bedeutet mehr als das Doppelte des nationalen Standards von 7,25 Dollar und liegt auch weit über dem Vorschlag von Präsident Obama (10,10 Dollar). Diese Entscheidung betrifft rund 120000 Arbeiter in Seattle, mehrheitlich Frauen und Angehörige von Minderheiten. Ein großer Teil von ihnen arbeitet im Gastgewerbe, im Handel oder in Pflegeberufen. Ausgangspunkt der Entscheidung im traditionell von der Demokratischen Partei dominierten Stadtrat war die Wahl der Sozialistin Kshama Sawant, die im November vergangenen Jahres in das neunköpfige Gremium einzog. Die Kandidatin der »Socialist Alternative« bekam über 90000 Stimmen und konnte sich in einem knappen Rennen mit 50,67 Prozent gegen ihren demokratischen Konkurrenten durchsetzen. Sawant hatte sich in ihrer Wahlkampagne auf die Forderung nach 15 Dollar Mindestlohn konzentriert.

Offiziell hatten die Demokraten in Seattle sich bald hinter die Forderung gestellt, gleichzeitig aber nach Kräften versucht, Schlupflöcher einzubauen und Beschlüsse zu verzögern. Tatsächlich haben sie einige zentrale Verwässerungen erreicht. Sawant und die von ihr initiierte »15-Now«-Kampagne hatten eine sofortige Mindestlohnerhöhung für große Betriebe und eine dreijährige Übergangszeit für kleine und mittlere Unternehmen gefordert. Nun werden Betriebe mit über 500 Beschäftigten die 15-Dollar-Marke stufenweise bis 2017 erreichen, Betriebe mit Gesundheitsversicherung bis 2018. Kleinere Betriebe erhöhen stufenweise bis 2019, im Fall von Trinkgeldern bis 2021. Ursprünglich waren noch weit mehr Schlupflöcher im Gespräch, vor allem der Restaurant-Dachverband drängte auf immer neue Ausnahmeregelungen. Erreicht werden konnte der Beschluß nun, weil Sawant und die Kampagne mit einer Volksabstimmung drohten. Umfragen zeigen, daß die Mehrheit in Seattle für »starke« 15 Dollar eintritt, wie die sofortige Einführung genannt wird.

Diese Situation bestimmte auch das Verhalten der Demokraten und der mit ihnen verbündeten Gewerkschaften: Sie mußten einen Beschluß finden, der gut genug war, um dem Druck von »15-Now« und der Bevölkerung standzuhalten. Die Kampagne favorisierte zunächst ein Referendum, sah allerdings die Gefahr, daß die Stimmung kippen könnte, wenn McDonald’s, Starbucks, Walmart und andere Konzerne finanzstarke Horrorkampagnen gegen eine Mindestlohninitiative entwerfen würden. Im Stadtrat versuchte Sawant noch, die Schlupflöcher zu stopfen, wurde aber von der demokratischen Mehrheit niedergestimmt. Dennoch stellt dieser Beschluß einen enormen Fortschritt gegenüber dem Status quo und der Situation im Rest der USA dar.

Die Wahl der Sozialistin und der nun erfolgte Mindestlohnbeschluß haben in den USA für große Aufmerksamkeit gesorgt. Zahlreiche Medien haben über Sawant berichtet, die es als offene Marxistin geschafft hat, in einer Mehrheitswahl einen Demokraten in einer der größten Städte der USA zu schlagen. Auf dem traditionellen »Left Forum« in New York am vergangenen Wochenende trat Sawant neben Harry Belafonte und Angela Davis auf, beides Ikonen der US-Linken. Von vielen wird ihre Wahl als Bruch im Zwei-Parteien-System verstanden, auch die Mindestlohnkampagne weitet sich aktuell auf viele weitere Städte aus. Die Debatte um eine Reorganisierung der US-Linken könnte damit einen neuen Schub bekommen.

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