Das Ende der »Willkommenskultur«

Das Lager Moria auf Lesbos. Bild: Michael Bonvalot

[jw] Österreich: Sozialdemokraten fordern schnellere Abschiebungen und Rückführabkommen

[Erstveröffentlichung: junge welt] Als im September 2015 die ersten Züge mit Flüchtlingen aus Ungarn den Westbahnhof in Wien erreichten, verteilte die rot-grüne Stadtregierung ein Flugblatt mit dem Text: »Viele von Ihnen haben Krieg, Lebensgefahr und eine lange, gefährliche Flucht hinter sich. Das ist nun vorbei. Bei uns sind Sie sicher!« Mit dieser Sicherheit dürfte es nun ebenfalls vorbei sein, die SPÖ schwenkt wieder auf einen Law-and-Order-Kurs ein.

Laut Medienberichten soll in diesen Tagen Hans Peter Doskozil, der Landespolizeikommandant des südöstlichen Bundeslandes Burgenland, zum neuen Verteidigungsminister ernannt werden. Der Sozialdemokrat Doskozil war im Herbst bekanntgeworden, als er für die Flüchtlingsaufnahme an der Grenze zu Ungarn zuständig war und diese polizeilich gut und auch human geleitet hatte. Innerhalb der SPÖ aber kann die Ernennung Doskozils als klares Signal an den rechten Parteiflügel gewertet werden. Vor seiner Bestellung zum obersten Polizisten des Burgenlands war Doskozil Büroleiter von Hans Niessl, SPÖ-Landeshauptmann (Ministerpräsident) des Bundeslandes.

Warum ein Rechtsruck der SPÖ gegen Schwarz-Blau sinnlos ist

Nach Verlusten der Sozialdemokraten bei der Landtagswahl im Mai vergangenen Jahres regiert die SPÖ dort seit Juni in einer Koalition mit der rechtsextremen FPÖ. Schon vorher war Landeshauptmann Niessl regelmäßig mit Law-and-Order-Parolen aufgefallen. In der Tageszeitung Presse wird Niessl nun mit der Aussage zitiert, dass der designierte Verteidigungsminister eine gute Wahl wäre, da dieser »die schärfere Linie in der Flüchtlingspolitik federführend mitentwickelt« habe. Laut Kurier war Doskozil von sozialdemokratischer Seite maßgeblich an der Entwicklung des rassistischen Fremdengesetzes 2005 beteiligt, das damals von der Koali­tionsregierung der konservativen ÖVP und der FPÖ mit parlamentarischer Unterstützung der SPÖ beschlossen worden war.

Die Ernennung Doskozils geht einher mit neuen Plänen in der Flüchtlingspolitik. Vergangene Woche hat die Kärntner SPÖ ein Siebenpunkteprogramm zum Thema vorgelegt, das von der Bundespartei begrüßt wurde. Asylanträge sollen demnach nur noch an »Hotspots« an den EU-Außengrenzen gestellt werden dürfen. Damit müssten folgerichtig alle Menschen abgeschoben werden, die es bis nach Österreich schaffen und dort Asyl beantragen. Unklar ist ebenfalls, auf welcher Basis an diesen »Hotspots« über die Anträge entschieden würde. Weiterhin sollen laut SPÖ Flüchtlinge Sachleistungen statt Geld bekommen, Abschiebungen schneller durchgeführt werden und neue Rückführabkommen mit deren Herkunftsländern abgeschlossen werden.

Spielfeld: Stationierung von Panzern und Spezialeinheiten gegen Flüchtlinge

Auch der sozialdemokratische Bundeskanzler Werner Faymann brachte sich diese Woche in die Debatte ein und kündigte verstärkte Grenzkontrollen an: »Wir werden prüfen, wie wir Wirtschaftsflüchtlinge abhalten und wie wir diejenigen, die kein Asyl bekommen, schneller rückführen können. Dabei müssen wir auch bei den diversen Rückführungsabkommen konkreter werden und sie in der Praxis besser umsetzen.« Der Hintergrund: Oftmals können Menschen nicht abgeschoben werden, weil es keine Abkommen mit deren Herkunftsländern gibt. Das betrifft vor allem sogenannte gescheiterte Staaten, in denen Kriege toben. Insgesamt ist der Kurswechsel der SPÖ eindeutig. Die »Willkommenskultur«, die vor allem im Wiener Wahlkampf im Herbst 2015 demonstriert wurde, scheint endgültig vergessen. Sie weicht einer Abschiebekultur und einer Stärkung des rechten Parteiflügels.

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