Legendäre Opernballdemo kehrte nur in Ansätzen zurück

[ND] Bis zu 500 Menschen demonstrierten gegen Feier der österreichischen Eliten in Wien

Erstveröffentlichung: Neues Deutschland, 24.02.2017

Erstmals seit Jahren wurde der Opernball in der Wiener Staatsoper wieder von Protesten begleitet. Organisiert wurde die Demonstration von der Kommunistischen Jugend (KJÖ), die allerdings nur wenige hundert Demonstranten mobilisieren konnte. »Während in der Oper die gesellschaftlichen Eliten feiern, leben in Österreich rund eine Million Menschen an oder unter der Armutsgrenze. Diese gesellschaftliche Ungleichheit finden wir zum Kotzen«, erklärte der KJÖ-Bundesvorsitzender David Lang die Motivation des Protests.

Die Demonstration verlief friedlich, aus einem Wiener Arbeiterbezirk marschierten die Aktivisten Richtung Oper. Laut KJÖ nahmen an der Demonstration rund 500 Personen teil, die Polizei spricht von 250 Demonstranten gegen den jährlichen Höhepunkt der Ballsaison in der österreichischen Hauptstadt.

Der Opernball ist das zentrale gesellschaftliche Ereignis in der Alpenrepublik. Wirtschaftliche und politische Eliten schwingen am Ball gemeinsam das Tanzbein, es wird dinniert, gustiert, genetzwerkt. Und die Anwesenheit lassen sich die Gäste durchaus etwas kosten: Für einen Abend in der Loge bezahlt man immerhin 20.500 Euro. Das offizielle Österreich ist ebenfalls zahlreich vertreten. An der Spitze steht traditionell der Bundespräsident, 2017 trat in dieser Funktion erstmals der neu gewählte Präsident Alexander Van der Bellen auf.

Der diesjährige Ball wurde jedoch von der überschattet vom Tod der Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser. Die SPÖ-Politikerin war am Donnerstag im Krankenhaus im Alter 53 Jahren ihrem Krebsleiden erlegen. Der Tod der Kinderärztin hatte über die Parteigrenzen hinaus für Erschütterung gesorgt. So wurde der 61. Ball mit einer Trauerminute eröffnet. Danach wurde jedoch das traditionelle Programm gefahren.

Die Zurschaustellung von Macht und Reichtum beim Opernball löste in der Vergangenheit immer wieder Proteste aus. In den späten 1980er und frühen 1990er Jahren war der Ball jährlich von großen Protesten begleitet. Hunderte Demonstranten lieferten sich dabei oft stundenlange Straßenschlachten mit der Polizei. Es war vor allem diese Militanz, die die Opernballdemos europaweit bekannt machte.

Begonnen hatte alles 1987. Der bayerische Ministerpräsident Franz Josef Strauß kündigte in diesem Jahr seine Teilnahme am Ball an. Bayern stand zu diesem Zeitpunkt unter dem Eindruck der Massenproteste gegen die geplante Atom-Wiederaufbereitungsanlage in Wackersdorf.

Mehrere hundert Menschen protestierten daraufhin vor der Oper, die Polizei ging äußerst brutal gegen die Demonstranten vor. Im nächsten Jahr waren es dann bereits mehrere tausend, die gegen den Ball auf die Straße gingen. Wieder kam es zu Auseinandersetzungen mit der Polizei, wobei nun auch von Seiten der Demonstranten Widerstand geleistet wurde.

1989 schließlich eskalierten die Proteste völlig, einige Demonstranten setzten nahe der Oper sogar eine Mercedes als Rammbock gegen die Polizeisperren ein. Es kam zu stundenlangen Straßenschlachten mit der Polizei. Die Polizei setzte Schlagstöcke und Wasserwerfer ein, viele Demonstranten waren mit Sturzhelmen und Knüppeln ausgerüstet.

Im nächsten Jahr wurde die Demonstration dann von organisierten Neonazis angegriffen. Diese wurden zurückgeschlagen, auch mit der Polizei gab es harte Auseinandersetzungen. Die Beamten ihrerseits prügelten auch auf Unbeteiligte ein, der damalige Landessekretär der Sozialistischen Jugend aus Oberösterreich verlor dabei fast sein Auge.

Unter dem Eindruck des Golfkriegs wurde der Ball 1991 abgesagt, danach konnte die Demonstration nie wieder an die vergangene Bedeutung anschließen. Auch große Teile der linken Szene hatten sich abgewandt: die Tendenz zur ritualisierten Militanz erschien vielen problematisch.

Ein neues Aufflackern gab es einzig im Jahr 2000, als kurz nach der Angelobung der Koalitionsregierung aus der konservativen ÖVP und der rechtsradikalen FPÖ am Tag des Opernballs rund 15.000 Menschen auf die Straße gingen. Später waren es dann immer nur kleine Gruppen, die gegen den Ball protestierten – so auch in diesem Jahr.

[Anmerkung: Der Absatz zum Tod von Sabine Oberhauser sowie der Schluss wurden von der Redaktion beigesteuert.]
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