Mehrere Österreicher feierten Hitlers Geburtstag auf einem deutschen Nazi-Festival

Foto: Presseservice Rathenow

[Vice] Rund um den 20. April feierten mehrere hundert Neonazis im sächsischen Ort Ostritz ein Festival unter dem Titel “Schild & Schwert”, kurz SS. Unter ihnen Österreicher.

[Erstveröffentlichung: Vice, 23.04.2018] Ostritz/Wostrowc an der deutsch-polnischen Grenze war am vergangenen Wochenende von Nazis aus Deutschland und anderen Ländern förmlich belagert. Der Grund: Ein Festival, veranstaltet von der neonazistischen Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD). Motto des Festivals: “Schild & Schwert”, also kurz SS. Das Festival kann dabei vor allem als Propaganda-Veranstaltung der NPD betrachtet werden.

Und die NPD hat innerhalb des Nazi-Milieus propagandistische Erfolge dringend nötig. In letzter Zeit verliert sie dramatisch an Einfluss, auch und besonders in Ostdeutschland. 2014 hatte sie bei Wahlen in Sachsen noch 4,9 Prozent, 2004 sogar 9,2 Prozent. In einzelnen Hochburgen wählten sogar fast 25 Prozent die NPD. Doch nun wird die Partei von der Alternative für Deutschland (AfD) mehr und mehr geschluckt. Zusätzlich knabbern kleinere Nazi-Parteien wie “Die Rechte” am braunen Kuchen.

Am Festival in Sachsen nahmen auch Strukturen aus Österreich teil. Der “Presseservice Rathenow” hat eine umfangreiche Bildergalerie veröffentlicht. Erkennbar ist auf den Bildern einerseits eine Gruppe mit T-Shirts von Alpen Donau Info (etwa hier oder hier), also der Struktur um den inhaftierten Holocaustleugner Gottfried Küssel. Update: Einer der Teilnehmer ist jener Mann, der im November 2018 bekannt wurde, nachdem aufgedeckt worden war, dass er als Security im österreichischen Parlament arbeitet.

Kurze Burschenschafter-Wege vom Neonazi-Security zur FPÖ-Spitze 

Ein identes T-Shirt von Alpen-Donau trug auch Richard Pfingstl, ehemaliger Funktionär des Rings freiheitlicher Jugend, bei seinem kürzlichen Auftritt vor Gericht wegen NS-Wiederbetätigung und seiner Beteiligung als Administrator bei Alpen Donau.

Auch Martin Sellner, Leiter der rechtsextremen Gruppe “Identitäre Bewegung” (IB) soll übrigens Administrator der Nazi-Seite gewesen sein. Andere Kader der IB sollen im Forum von Alpen Donau gepostet haben, wie die “Recherche Wien” behauptet.

Küssel selbst wurde wegen seiner Beteiligung an Alpen Donau zwar verurteilt. Doch es ist klar, dass die österreichischen NS-Strukturen weiterhin aktiv sind. Interessant ist aber im Fall Ostritz, dass Aktivisten sogar offen mit den Shirts von Alpen Donau auftreten. Auch einige der Gesichter auf den Bildern aus Sachsen erinnern an Personen, die 2016 gemeinsam mit Küssel bei einem Haftausgang gesehen wurden.

Ebenfalls in Sachsen anwesend waren Personen aus dem Milieu der Neonazi-Fußballtruppe “Unsterblich” – wobei es hier regelmäßig Überschneidungen zu den Küssel-Strukturen gibt. Unsterblich, kurz “Ust”, ist ein Teil des Nazi-Problems beim Fußballklub Austria Wien.

Das Nazi-Problem der Wiener Austria

Mehrere Bilder aus Ostritz zeigen eine Person mit Shirt der Gruppe sowie bekannte Mitglieder. (Etwa hierhierhier und hier.) Das Shirt zeigt dabei einen SS-Totenkopf mit der Aufschrift “Unsterblich Krawallerie”. Dieser Totenkopf wird auch von der terroristischen Nazi-Gruppe “C18” (“Combat 18”) verwendet. 18 steht dabei für Adolf Hitler. Es ist der militante Arm der internationalen NS-Struktur “Blood and Honour”. Vermutlich ist die Ähnlichkeit kein Zufall, denn “Blood and Honour”-Strukturen sollen Kontakte zu Ust haben, wie antifaschistische Austria-Fans mir berichten.

Bei der Gruppe dürfte es sich um eine österreichisch-slowakische Nazi-Freundschaftsgesellschaft gehandelt haben. Ein Photograph, der vor Ort präsent war, berichtet gegenüber VICE: “Der Typ mit dem ‘FCK Antifa’-Shirt sprach während einer Konfrontationssituation einen sehr starken österreichischen Akzent. Der Typ mit dem weißen Shirt daneben gab an, Fan von Austria Wien zu sein. Er selbst, so erklärte er in einer Mixtur aus Deutsch mit österreichischen Akzent und Slowakisch, stamme aber aus Bratislava.” Das deckt sich mit Recherchen, die enge Verbindungen zwischen österreichischen und slowakischen Nazis zeigen, vor allem solchen aus dem Fußball-Milieu.

Bei Heimspielen der Austria haben bekannte Mitglieder von Unsterblich inzwischen zwar Hausverbot, doch bei Auswärtsfahrten sind sie immer wieder präsent. Vor allem bei internationalen Spielen mobilisiert die Gruppe und zeigt auch teils einschlägige Symbole als Zaunfahne, etwa eine Reichskriegsfahne. Besonders gern weichen diese rechten Strukturen in die Slowakei aus.

Unsterblich-Neonazis weichen in die Slowakei aus

Der Hintergrund ist eine Fanfreundschaft zwischen rechten Elementen aus der Fanszene der Wiener Austria sowie dem neonazistischen Anhang von Slovan Bratislava. Dort werden sogar Banner gezeigt, die Flüchtlingen den Weg in das Konzentrationslager Auschwitz wünschen, wie die antifaschistische Austria-Fanseite Ostkurve statt Ustkurve berichtet. Auch Kader der IB sollen gemeinsam mit Unsterblich-Leuten bei einem Fußballspiel in der Slowakei unterwegs gewesen sein.

Personelle Verbindungen zwischen “Unsterblich” und Küssel gibt es etwa über den Wiener Rechtsanwalt Alexander Christian. Der ehemalige Kandidat der FPÖ und Trump-Fan wird immer wieder mit Ust in Verbindung gebracht. Gleichzeitig existieren Fotos von ihm, auf denen zu sehen ist, wie er gemeinsam mit den mehrfach verurteilten Rechtsextremen Gottfried Küssel und Franz Radl an einer Demonstration teilnimmt. Christian war lange Zeit Generalsekretär des österreichischen Rechtsanwaltskammertages. Erst als seine Nazi-Verbindungen öffentlich wurden, verlor er diesen Job.

Gleichzeitig ist “Unsterblich” auch nur ein Teil der Neonazi-Problematik. Andere Fanclubs der Austria arbeiten eng mit der Gruppe zusammen, etwa “Inferno” oder die “Fanatics”. Das dürfte sich auch am Festival in Sachsen widergespiegelt haben: Antifaschistische Fans der Wiener Austria sprechen gegenüber VICE von zahlreichen Personen, die sie auf Bildern erkennen. Auch zu rechten Milieus im Anhang der Stadtrivalen Rapid gibt es über den Fanzusammenhang “Eisern Wien” übrigens gute Verbindungen.

Auch zur selbsternannten “Identitären Bewegung” soll es Verbindungen einzelner Teilnehmer am Festival in Sachsen geben. Laut “Rosa Antifa Wien” (RAW) wurden einzelne rechte Aktivisten erkannt, die bereits von Aktionen der Gruppe bekannt sind. “Mit dabei waren auch Neonazis aus Österreich. Die Truppe macht regelmäßig Ordnerdienst für Identitären Demos”, schreibt die RAW und belegt das mit Bildern.

Auch hier gibt es wieder Verbindungen in Fußball-Milieus. Das ist wohl kein Zufall, denn bereits seit längerer Zeit versucht die IB vor allem in Wien, im Fußball-Milieu Einfluss zu gewinnen. Vereinzelt gibt es Verteilaktionen bei Fußballspielen, etwa bei Spielen des Nationalteams oder von Rapid (die allerdings zumeist nach wenigen Minuten und einem Foto abgebrochen werden).

In einem einschlägig bekannten Lokal in Wien veranstaltete die IB 2016 eine Party, zu der explizit Fußballfans eingeladen wurden. Bei einer Mini-Kundgebung in Wien im August 2016 versucht Sellner die geringe Teilnahme sogar mit einem gleichzeitig stattfindenden Match des SK Rapid zu erklären. Auf die Frage, ob auch andere Fußballfans anwesend sein, reagiert allerdings niemand.

Die Identitären und der japanische Faschismus – Ein Code für Putsch, Gewalt und Diktatur

Es scheint der IB auch zu gelingen, in Wien vereinzelt Sympathien im Fußball-Milieu aufzubauen. Vor allem bei der Austria tauchen immer wieder vereinzelt IB-Aktivisten auf. Insgesamt aber dürften die intensiven Bemühungen um tatsächliche Rekrutierungen nur vereinzelte Gewinne gebracht haben. Bei Aufmärschen und als Ordner sind aber immer wieder einschlägig bekannte Fans von Austria und Rapid zu sehen.

Festivals wie in Sachsen haben für die verschiedenen rechten Milieus eine wichtige Funktion: Sie können sich dort untereinander und international vernetzen, sie können offen auftreten und sie können neue Mitstreiter enger in die Strukturen einbinden. Insbesondere die gleichzeitige Teilnahme der österreichischen NS-Kaderstrukturen und der mit ihnen vernetzten Fußball-Milieus ist in Sachsen auffällig.

Ebenfalls bezeichnend natürlich die möglichen Verbindungen zur rechtsextremen Gruppe “Identitäre Bewegung”. Wieder einmal zeigt sich, dass die verschiedenen rechten Milieus keineswegs so weit voneinander entfernt sind, wie sie in der Öffentlichkeit gerne behaupten.

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