Graue Wölfe heulen in Wien

Bild: Michael Bonvalot

[jw] Türkische Faschisten werben unter Migranten in Österreich. Für den 20. April Großveranstaltung geplant

[Erstveröffentlichung: junge welt] Der Gasometer in Wien-Simmering versorgte früher die Haushalte im Osten der Stadt mit Gas. Heute sind in dem alten Backsteinbau unter anderem ein Einkaufszentrum, ein Studierendenheim und eine Konzerthalle untergebracht. Für den 20. April haben sich dort besondere Gäste angekündigt: Die Türkische Föderation in Österreich (ATF) feiert mit einer Festveranstaltung inklusive Konzert den 40. Gründungstag ihres Dachverbandes – just an Hitlers Geburtstag.

Das Datum ist kaum zufällig gewählt. Die ATF ist die zentrale Vorfeldorganisation der faschistischen MHP, der »Partei der nationalistischen Bewegung«. Besser bekannt ist die MHP unter dem Namen ihrer paramilitärischen Verbände: »Graue Wölfe«. Bozkurt, wie sie auf türkisch genannt werden, sind eine offen faschistische Partei, ihr Gründer Alparslan Türkes war ein bekennender Hitler-Verehrer.

Die Grauen Wölfe haben eine lange und blutige Geschichte des Terrors gegen Linke, Kurden und religiöse Minderheiten wie die Aleviten. Vor allem in den 1970er Jahren fungierten sie mit ihren damals bis zu 100000 ausgebildeten Mitgliedern als faschistische Todesschwadron. Mehrere tausend Menschen, vor allem Kommunisten und Gewerkschafter, fielen ihren Angriffen zum Opfer. Der Terror der MHP mündete schließlich im Militärputsch von 1980.

Heute ist die MHP in der Türkei eine etablierte Partei mit Massenbasis. Bei den Regionalwahlen Anfang April bekam sie rund 18 Prozent der Stimmen. Doch die Grauen Wölfe sind immer noch genauso gefährlich wie in den 1970er Jahren. So wird der Mörder des 2007 in Istanbul getöteten Journalisten Hrant Dink dem Umfeld der MHP zugerechnet.

Mit der Arbeitsemigration kamen die Grauen Wölfe auch nach Westeuropa. Unter dem Deckmantel von Sport- und Kulturverbänden rekrutierten sie neue Anhänger. Sie haben ein durchaus attraktives Angebot: Türkische Jugendliche werden aufgrund ihrer Herkunft diskriminiert, obwohl sie in der zweiten oder gar dritten Generation im Westen leben. Hier setzen die Bozkurts an und bieten als Alternative den Stolz auf ein idealisiertes »Vaterland«.

In Wien werden nun für den 20. April mehrere tausend Unterstützer der Grauen Wölfe im Gasometer erwartet. Pikanterweise steht der gesamte Komplex im Einflußbereich der österreichischen Sozialdemokratie. Einkaufszentrum und Wohnungen wurden von der SPÖ-nahen Gesiba sowie der Wohnbauvereinigung der Privatangestellten-Gewerkschaft errichtet. Die Konzerthalle wird von Planet Music betrieben, die ebenfalls eine Nähe zur Wiener Sozialdemokratie aufweist. Auf jW-Nachfrage bezüglich der Graue-Wölfe-Veranstaltung antwortete Planet Music nicht.

Das Desinteresse ist bekannt, für viele Politiker gilt auch heute noch: Türke ist gleich Türke. So gelingt es den Grauen Wölfen immer wieder, auch von offizieller Seite unterstützt zu werden. In der sozialdemokratischen Hochburg Linz etwa konnte die ATF 2009 noch das Rathaus für ein Konzert nutzen. Erst nach antifaschistischen Protesten wichen sie schließlich 2010 in private Räume aus. Auch in Wien regt sich nun Widerstand – ob er wirksam sein wird, werden die nächsten Tage zeigen.

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