Die Grauen Wölfe: Wie ihr sie erkennen könnt und warum der Wolf so wichtig ist

Bild: Presseservice Wien, mit freundlicher Genehmigung

Die Grauen Wölfe verstecken sich oft hinter Tarnvereinen und verwenden geheime Codes und Symbole. Ein mythischer Wolf ist dabei besonders wichtig. Wie ihr die Faschisten erkennen könnt. Teil 2 der neuen Serie.

Immer wieder strecken die faschistischen Provokateure in Wien-Favoriten ihre Hände in die Höhe und formen einen Tierkopf. Die mittleren Finger bilden den Kopf, Zeigefinger und kleiner Finger die Ohren. Es ist der sogenannte Wolfsgruß – das zentrale Erkennungszeichen der faschistischen Grauen Wölfe.

Diesen Gruß halten die Faschisten gerne und zu jeder Gelegenheit in die Kameras. Es ist ein Erkennungszeichen für die eigenen Leute und eine Provokation für alle Andersdenkenden. In Österreich wurde der Gruß 2018 von der ÖVP-FPÖ-Regierung verboten. Übrigens gleichzeitig mit dem Parteisymbol der linken kurdischen PKK.

Die drei Halbmonde

Daneben verwenden die Wölfe aber auch noch zahlreiche andere Symbole. Enorme Bedeutung haben etwa die drei weißen Halbmonde auf rotem Grund. Das ist das offizielle Emblem der Partei der Nationalistischen Bewegung (MHP), also der Wölfe-Partei. (Alles zur Geschichte der Wölfe könnt ihr im Teil 1 dieser Serie lesen.) Die MHP steht seit Jahren in einer Allianz mit der Regierungspartei AKP (Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung) von Präsident Recep Tayyip Erdoğan.

Auf den ersten Blick erinnert das Logo der MHP an die türkische Fahne. Das sollte allerdings nicht verwechselt werden: Die türkische Fahne hat nur einen Halbmond und dazu einen Stern. Manchmal ist die einschlägige Fahne auch grün. Das ist ein Hinweis auf die 1993 von der MHP abgespaltene “Partei der großen Einheit” (BBP).

 

Fahnen der MHP und der BBP am Wiener Heldenplatz am 3. Juli 2016. Bild: Michael Bonvalot

Mit dieser Farbwahl rückt die BBP die islamisch-religiöse Ausrichtung stärker in den Vordergrund. Die BBP ist genauso gefährlich wie die MHP (im ersten Teil der Serie findet ihr auch mehr zur BBP).

Faschismus als Halskette

Sowohl die drei Halbmonde wie der heulende Wolf – oft mit einem Halbmond im Hintergrund – werden vor allem von jungen AnhängerInnen der Wölfe oft auf Shirts, Siegelringen oder Halsketten getragen. Früher galten auch noch andere Symbole als Erkennungszeichen, etwa ein Spitzbart. Das kommt zwar teils auch heute noch vor, hat sich aber in den letzten Jahren tendentiell überholt.

Ein weiteres früher klares Erkennungszeichen, das allerdings seine Bedeutung verloren hat: Die Wölfe hatten lange Zeit eine eigene Form der Begrüßung: Eine spezielle Umarmung mit wechselseitigem Vorbeugen und angedeutetem “Bruderkuss”. Diese Begrüßung wurde aber inzwischen – nicht zuletzt unter Jugendlichen – so populär, dass sie nicht mehr als Erkennungsmerkmal der Wölfe verstanden werden kann.

Typische MHP-Propaganda: Wolf mit Runen

Weiterhin in Verwendung ist dagegen die Runenschrift der frühen türkischen Stämme, der Kök-Türken oder Gök-Türken (Göktürkler). Diese Orchon-Runen (türkisch Orhun) werden von Wölfen propagandistisch gern benützt. Sie finden sich unter anderem auch als Patch auf Kleidungsstücken oder als Auto-Aufkleber.

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Warum ein Wolf?

Der nationalistischen Legende nach soll ein Wolf die türkischen Stämme im 8. Jahrhundert unserer Zeitrechnung gerettet haben, indem er sie ins mythische Ergenekon-Tal nach Zentralasien führte. Dort konnten sie sich schützen, sammeln und dann ausbreiten.

Tatsächlich wurden hier im späten 19. Jahrhundert mongolische und frühtürkische Mythen zu einem nationalistischen Gründungsmythos verarbeitet. Daher verwenden auch Tarnvereine der Wölfe den Begriff Ergenekon. So gibt es etwa im Vorarlberger Feldkirch den Wölfe-Verein “Ergenekon Kultur- und Sportverein”. Der Begriff ist aber nicht exklusiv für die Wölfe reserviert. Ebenfalls verwendet wird das Propaganda-Schlagwort Avrasya (Eurasien). So heißt etwa der Wölfe-Verein in der oberösterreichischen Landeshauptstadt Linz.

Das EKH in Wien wurde von Faschisten angegriffen

Der Wolf wurde auch namensgebend für die paramilitärischen Verbänden der MHP: Die Grauen Wölfe, türkisch Bozkurt. Heute wird der Begriff Graue Wölfe allerdings nicht mehr nur für die Militärverbände, sondern für das gesamte Milieu der Partei verwendet.

“Idealisten-Herde”

Selbst nennen sich die Wölfe “Idealisten” (Ülkücüler). Ihre Treffpunkte sind “Idealistenherde” (Ülkü Ocağı oder Ülkü Ocakları). An diesem Begriff können Vereine der Wölfe auch in Österreich oft erkannt werden. Die Vereine bzw. Herde der BBP heißen ähnlich, nämlich Alperen Ocakları (Heldenherde).

Achtet dabei auf die Rechtschreibung: Ich verwende hier die korrekte türkische Schreibweise mit Sonderzeichen. Das ğ oder das ı etwa sind stumm. In Zeiten sozialer Medien kann aber ein Verein im Netz bespielsweise statt Ülkü Ocağı auch ohne Sonderzeichen einfach Ocagi geschrieben werden.

Ein weiterer pantürkischer Mythos ist die sogenannte Asena-Legende, es gibt sie in verschiedenen Varianten. Im Kern rettet eine Wölfin ein Kind. Die früh-türkische Legende ist rund 1500 Jahre alt und wurde pantürkisch adaptiert. Auch diese Geschichte wird von den heutigen Grauen Wölfen übernommen. So gibt es etwa in Österreich eine eigene Organisationsstruktur für junge Frauen: Die “Asenalar Gençlik”, also Wölfin-Jugend.

Rassistische Großmacht-Phantasien

Mit der vermeintlich mythischen Bestimmung des Türkentums passt der sogenannte Turanismus oder Pan-Turkismus gut zusammen, eine zentrale Ideologie der türkischen Rechten. Der Begriff leitet sich von Turan ab, dem ursprünglichen Siedlungsgebiet der Turkvölker in Mittelasien.

„Wir werden die Faschisten aus Wien-Favoriten vertreiben“

Der Turanismus geht von einer rassischen Überlegenheit der Turkvölker aus und hat ein großtürkisches Reich aller Turkvölker zum Ziel. Turkvölker sind etwa TürkInnen, AserbaidschanerInnen, KasachInnen, TurkmenInnen, UsbekInnen, TatarInnen oder die UigurInnen in China.  Auch der Begriff Turan kann ein Code für das Milieu der Wölfe bzw der BBP sein. So gibt es beispielsweise eine Reihe von Sportvereinen mit dem Namen Turanspor.

Viele Menschen in Österreich (und Deutschland) kennen weder die Symbole, noch die Codes, noch die einschlägigen Begriffe der Wölfe. Es ist wichtig, sich damit zu beschäftigen. Es ist wichtig, den Faschismus zu erkennen.

[Ergänzt am 19.11.2020 zu Informationen über die Orchon-Runen sowie den Begriff Avrasya.]

Die gesamte Serie:

Teil 1: Die Grauen Wölfe. Woher kommen sie und warum sind sie so gefährlich?
Teil 2: Die Grauen Wölfe: Wie ihr sie erkennen könnt und warum der Wolf so wichtig ist
Teil 3: So sind die Grauen Wölfe in Österreich organisiert
Teil 4: Welche Verbindungen haben ÖVP-Favoriten und Graue Wölfe?
Teil 5: Faschistische Jugend: Die Grauen Welpen aus Favoriten
Teil 6: Warum sind die Proteste in Favoriten gerade jetzt eskaliert?
Teil 7: In diesen Städten haben die Grauen Wölfe in Österreich ihre Treffpunkte

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